Studienleitung
Jörgen Klußmann
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Günter Nooke, Afrika-Beauftragter der Bundeskanzlerin im BMZ
Die neuen Leitlinien der Afrika-Politik der Bundesregierung seien davon bestimmt, Afrika auf dem Weg vom Krisen- zum Chancenkontinent zu begleiten, unterstrich Günter Nooke, Afrika-Beauftragter der Bundeskanzlerin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), am Wochenende auf einer Tagung an der Evangelischen Akademie im Rheinland, die die wachsende wirtschaftliche Bedeutung Afrikas in den Blick nahm. Von Seiten Deutschlands seien dabei „mehr Demut, mehr echtes Interesse und weniger Paternalismus“ notwendig, denn es sei auch im deutschen Interesse, dass es Afrika gut gehe.
Bundesregierung tritt ein für eine Partnerschaft auf Augenhöhe
mit dem europäischen Nachbarkontinent
Das
BMZ hat Afrika zum Schwerpunktkontinent seines entwicklungspolitischen Engagements
erklärt: In 32 von 54 afrikanischen Ländern ist das BMZ engagiert. Über 1,2
Milliarden Euro, 50 Prozent der bilateralen Mittel des Bundeshaushalts, fließen
derzeit bereits pro Jahr in entwicklungspolitische Programme mit Afrika. Eine
Aufstockung um mindestens 100 Millionen Euro ist geplant. Dabei gehe es
Deutschland um eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit dem europäischen Nachbarkontinent,
so Nooke. Die Afrikanische Union und die afrikanischen Staaten müssten in die
Lage versetzt werden, ihre Probleme selbst zu lösen.
Afrika benötigt mehr Aufmerksamkeit der Europäischen Union
Dazu
sei ein kohärentes gemeinsames Handeln notwendig, unterstrich der Afrika
Beauftragte mit Blick auf den vierten EU-Afrika-Gipfel, der am 2./3. April 2014
in Brüssel stattgefunden hat und über eine bessere politische und
wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der EU und den afrikanischen Staaten
beraten hat. „Unsere deutsche Afrikapolitik muss eine europäische sein“,
betonte er. Afrika benötige mehr Aufmerksamkeit der Europäischen Union (EU).
Afrikapolitik: Es ist notwendig, die Verschiedenheit zu akzeptieren und die Zusammenarbeit innovativ zu gestalten
Es
gelte, die Realität wahrzunehmen und die afrikanischen Partner weder zu unter-
noch zu überfordern. Vielmehr müsse man deren Verschiedenheit akzeptieren und
nutzen, denn „Unterschiede erzeugen Potentiale“. Im Blick auf das
bisherige deutsche Engagement trat Nooke für Innovationen ein und für eine
Afrikapolitik, „die auch mal etwas Anderes als bisher macht“. Denkbar wären
z.B. zusätzlich zur Breiten-Förderung ein oder zwei Beispiel-Projekte an
wirtschaftlichen Wachstums-Polen in Afrika.
Die Wirtschaft Afrikas bietet derzeit ein heterogenes Bild
Im
Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung bietet Afrika aktuell ein sehr
heterogenes Bild: Sechs der zehn Staaten mit dem höchsten Wirtschaftswachstum
kommen aus Afrika, gleichzeitig befinden sich unter den 30 wirtschaftlich
schwächsten Ländern 24 afrikanische Länder. Schätzungen gehen davon aus, dass
das Wirtschaftswachstum in den afrikanischen Staaten allein in diesem Jahr bei
durchschnittlich 6 Prozent liegen wird.
"Entwicklungspolitik ist Friedenspolitik"
Staatlich
garantierte Sicherheit des Einzelnen, eine gute wirtschaftliche Entwicklung und
die Einhaltung der Menschenrechte seien die fundamentalen Größen für den
Frieden und die wirtschaftliche Entwicklung in einem Land. Afrika sei der
Kontinent, wo die Dynamik innerhalb dieser drei Säulen am größten sei – sowohl
im Blick auf positive als auch auf negative Veränderungen. Frieden und
Sicherheit müssten daher als Schlüsselbereiche gestärkt werden. Deshalb müssten
afrikanische Staaten in Umbruchsituationen unterstützt und die Fluchtursachen
innerhalb Afrikas selbst bekämpft werden. Die Zivilgesellschaft müsse gestärkt
werden und die wirtschaftliche und politische Integration Afrikas müsse vorangetrieben
werden, so Nooke, denn „Entwicklungspolitik ist Friedenspolitik“.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit muss in erster Linie von der Wirtschaft selbst gestaltet werden
Der
Afrika-Beauftragte grenzte Entwicklungszusammenarbeit und wirtschaftliche Zusammenarbeit
voneinander ab. Wirtschaftliches Engagement liege in erster Linie in der
Verantwortung und im Interesse der Wirtschaft selbst, denn es gelte sich rechtzeitig
in Afrika in diesem jungen und wachsenden, ressourcenreichen Kontinent wirtschaftlich
zu engagieren. Hier können das BMZ nur unterstützend tätig werden, so z.B. über die Deutsche Gesellschaft für
Internationale Zusammenarbeit (GIZ) als Bundesunternehmen. Die GIZ sei
Anlaufstelle für nachhaltige Wirtschaftsförderung. Aber in erster Linie müssten
die Unternehmen bereit sein, sich „auf Afrika einzulassen“. Vielfache träfen
die deutschen Unternehmen auf ganz andere Rahmenbedingungen als im deutschen
oder anderen Märkten.
Politikwissenschaftler Dr. Etiènne Fopas: Privatwirtschaftlicher Initiative bewirkt große Fortschritte für den Alltag der Menschen
Dass
nichtsdestotrotz private unternehmerische Initiativen die meisten Chancen für
die afrikanischen Länder beinhalten, unterstrichen zwei weitere Referenten der
Tagung. Der deutsch-kamerunische Politik- und Kommunikationswissenschaftler Dr. Etiènne Fopas von der Städtischen Universität
Ayounde/Kamerun, zog zugleich eine negative Bilanz mit Blick auf die
bisherige Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika. Letztlich hätten die in diesem
Rahmen geflossenen großen Geldsummen nur die Regierungen, nicht aber „den
kleinen Mann“ begünstigt. De vierte EU-Afrika-Gipfel, der in dieser Woche
stattgefunden hat, markiere für ihn das endgültige Ende des postkolonialen
Zeitalters. Die Hoffnung der Afrikaner ruhe nun auf Handel und privater Wirtschaft.
Unternehmerische Initiativen hätten bereits große Fortschritte bewirkt. Als
Beispiele verwies Fopas dabei auf die Branchen Telekommunikation und Transport,
die ausschließlich durch die Privatwirtschaft ausgebaut worden seien.
Finanzanalyst Amine El Ayoubi: Die Demokratisierung im Kongo hat sich parallel zu den wirtschaftlichen Fortschritten eingestellt
Der
Finanzanalyst Amine El Ayoubi, Projektmanager an der Frankfurt School of
Finance and Management, bekräftigte Fopas in dessen Einschätzung. Der
gebürtige Marokkaner arbeitet heute als Berater in der Demokratischen Republik
Kongo. Seit Ende des Bürgerkriegs 2002 wären die privatwirtschaftlichen
Initiativen in diesem afrikanischen Land stetig gewachsen. Der wirtschaftliche
Aufschwung habe zugleich Einfluss genommen auf politische Situation. Die
Demokratisierung habe sich parallel zu den wirtschaftlichen Fortschritten
eingestellt.
Politikwissenschaftler Dr. Axel Berger:
Chinas Engagement ist grundsätzlich positiv zu bewerten
Der
Politikwissenschaftler Dr. Axel Berger
vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik, Bonn, vertrat im
Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Afrika darauf hin, dass
Chinas Engagement trotz einiger berechtigter Kritikpunkte grundsätzlich positiv
zu bewerten sei. Es trage dazu bei, dass die Wirtschaft in Afrika
vielgestaltiger werde als bisher und der afrikanische Kontinent auch im Westen
wieder aus einer positiv gesehen werde. Ein Blick auf die Handels- und
Investitionsflüsse zeige zudem, dass Chinas Einfluss in Afrika zwar gestiegen
sei, man aber bei Weitem nicht von einer dominanten Rolle sprechen könne.
Studlienleiter Klußmann (Mitte) im Gespräch mit Clement Matweta (l.) und Nyumeli Mwale (r.)
Deutschland und Afrika brauchen neue Formen des unternehmerischen Engagements
Die
Notwendigkeit, neue Formen der Zusammenarbeit und des unternehmerischen Engagements
zwischen Deutschland und Afrika zu finden, spiegelte sich auch wider in der
anschließenden Diskussion mit heute in Deutschland lebenden Afrikanern, die
sich in ihrem Heimatkontinent wirtschaftlich engagieren.
Unternehmerin Christine R. Evina:
Deutsches wirtschaftliches Engagement immer noch zögernd
„Ein
Deutscher kann Geschäfte in Afrika machen, aber ohne Afrikaner geht es nicht“,
unterstrich Diplomingenieurin Christine
R. Evina. Man müsse in der Niederlassung vor Ort Afrikaner als Bindeglied
zu den einheimischen Arbeitskräften einstellen, so die aus dem
zentralafrikanischen Kamerun gebürtige Unternehmerin. Evina führt eine
Unternehmensberatung in Düren, die u.a. mittelständische Unternehmen bei wirtschaftlichen
Engagements in Afrika berät. Rückblickend hielt sie fest, dass es unter
deutschen Unternehmern einen Positionswechsel gegeben habe. „Vor zehn Jahren
war es schwer, einen deutschen Mittelständler für ein Investment in Afrika zu
interessieren“, so Evina. Inzwischen würden viele Unternehmen in afrikanischen
Ländern investieren, doch dieses wirtschaftliche Engagement sei weiterhin nur
zögernd und begrenzt. Häufig fehle es zudem an Vertrauen in die ansässige
Bevölkerung und man besetze daher die Stellen im Unternehmen mit deutschen
statt mit afrikanischen Mitarbeitern.
Unternehmer Nyumeli Mwale:
Man muss vor Ort Partner haben, die sich auskennen
„Man
muss vor Ort Partner haben, die sich auskennen“, unterstrich in diesem Zusammenhang
Nyumeli Mwale. Nur so könne man
wissen, welche Produkte vor Ort gebraucht und nachgefragt werden. Der im
südafrikanischen Simbabwe geborene und seit 1997 in Deutschland lebende technische
Zeichner arbeitet in einer Dortmunder Maschinenbaufirma, die sich auf Instandsetzung
von Bergbauprodukten spezialisiert hat. 2004 hat er in seinem Heimatland trotz
der wirtschaftlich und politisch schwierigen Rahmenbedingungen zusammen mit
seinem Bruder die Firma Nyman
Maschinenbau gegründet, die in dem an Mineralien reichen Land für den
Bergbau benötigte Maschinen instand hält und repariert. Heute bezieht die Firma
mit zehn festen Mitarbeitern und sechs Zeitarbeitern notwendige Ersatzteile
nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Polen, Spanien oder Italien.
Insbesondere Kapitalbeschaffung und Transportmöglichkeiten sind Stolpersteine für Mittelständler
Kapitalbeschaffung
und Transportmöglichkeiten sahen sowohl Evina als auch Mwale als
Schwierigkeiten in der deutsch-afrikanischen wirtschaftlichen Unternehmens-Zusammenarbeit
an.
Gelder der Entwicklungshilfe kommen bei klein- und mittelständischen Unternehmen nicht an
„Meine
afrikanische Firma mit deutschen Kapital aufzubauen, war unmöglich“, berichtete
Mwale. Die Banken hätten ihm dafür keinen Kredit gewährt, so dass er zuletzt
einen Privatkredit habe aufnehmen müssen. Auch heute noch würde die Unterstützung
durch Banken fehlen. Gewinne müsse er sofort wieder in seine Firma reinvestieren,
dadurch könne er aber auch nur begrenzt expandieren. „Die Schritte sind
ziemlich klein“, so Mwale. Das Problem des fehlenden unternehmerischen Kapitals
teile er mit vielen klein- und mittelständischen Unternehmern in afrikanischen
Ländern. Kapital, das die Entwicklungshilfe bereit stelle, käme in den meisten
Fällen nicht bei diesen Unternehmern an, sondern würde im Einzugsbereich der
jeweiligen Regierung vergeben. Hierbei spiele auch Korruption eine Rolle. Evina
lenkte den Blick auf die Bezahlung der Leistungen oder Waren. Im Gegensatz z.B.
zu China würden in Deutschland die Bezahlung in Form von Rohstoffen nicht
akzeptiert. Dies könne die Zusammenarbeit zwischen afrikanischen Firmen und
deutschen Mittelständern unmöglich machen. Denn während global agierende
Unternehmen wie z.B. Siemens die Bezahlung mit Rohstoffen durch
Zwischenschaltung von Niederlassungen in Drittländern abwickeln könnten, sei
dieser Weg deutschen Mittelständlern versperrt.
Unternehmensberater Horst Pabst (links) bei seinem Vortrag
Unternehmensberater Horst Pabst: Transportwege müssen gestärkt werden
Ebenso
wie Mwale und Evina mahnte auch Horst
Pabst, Inhaber von You Consulting, dem einzigen Beratungsunternehmen im
Migrationsbereich in Nordrhein-Westfalen, eine Stärkung der Transportwege
zwischen afrikanischen Ländern und Deutschland an. Im Gegensatz zu Frankreich
oder Belgien sei das Spektrum der von
deutschen Flughäfen aus direkt angeflogenen Länder und Orte geringer. Die
großen Fluglinien böten vor allem Flüge in die Orte an, die Sitz einer
Außenhandelskammer oder Touristenzentren sind. Dies wirke sich negativ auf wirtschaftliche
Initiativen aus. So scheitere z.B. bisher die Geschäftsidee eines Dortmunder
Migranten, hervorragende afrikanische Kaffees direkt in Deutschland zu
vermarkten, an diesen fehlenden oder
überteuerten Transportmöglichkeiten.
"Es gibt viele Afrikas. Afrika ist anders"
Akademie wird auch zukünftig die Entwicklung des Kontinents mit Themenangeboten begleiten
„Es
gibt viele Afrikas. Afrika ist anders“. Diese Feststellung des
Afrika-Beauftragten Günter Nooke wurde im Verlauf der Akademie-Tagung „Neues
aus Afrika- Ein Kontinent bricht auf ins 21. Jahrhundert“ exemplarisch vor
Augen geführt. Studienleiter Jörgen Klußmann will die Entwicklung dieses
Kontinents auch in Zukunft mit weiteren thematischen Angeboten begleiten: „Wenn
wir uns heute und morgen mit dem Wachstum und der Entwicklung in Afrika
befassen, dann aus Respekt und Hochachtung der zahlreichen Opfer der Kriege,
die in Afrika in den letzten Jahrzehnten gestorben sind und bis heute auch noch
sterben. Sie und besonders die Überlebenden verdienen es, dass man auch über
die Zukunft eines Kontinents nachdenkt, der so lange in der Krise war,“ sagte
Klußmann auch mit Blick auf den Genozid in Ruanda, der sich am 7. April 2014
zum 20. Male jährt.
Weiterführender Hinweis:
Die Beiträge dieser Tagung werden in der Reihe epd-Dokumentation veröffentlicht.
hbl / 07.04.2014